Der Zweckverband Abwasserregion Olten (ZAO) ist eine Organisation von 12 Verbandsgemeinden, die für die Abwasserentsorgung in der Region Olten zuständig ist. Der Verband betreibt eine Kläranlage in Winznau und sorgt dafür, dass das Abwasser der angeschlossenen Gemeinden umweltgerecht gereinigt wird. Durch den Einsatz der dynamischen Kanalnetzregelung INKA (INtegrale Regelung von KAnalnetzen und Abwassereinigungsanlagen) der Firma Stebatec AG im gesamten Verbandsgebiet konnte die hydraulische Auslastung der ARA verbessert und damit die Mischwasserüberläufe in die Gewässer bei Regen reduziert werden.
Das System INKA basiert auf einem Algorithmus. Der Programmieraufwand ist in der Software selbst enthalten, sodass bei der Implementierung des Systems lediglich eine Parametrierung erforderlich ist. Während des Optimierungsprozesses und bei Änderungen im Einzugsgebiet lassen sich diese Parameter einfach anpassen, ohne dass Softwareänderungen mit der zugehörigen Fehleranfälligkeit erforderlich sind. Für die Konfiguration des INKA-Systems werden die Beckengeometrie, Kanalnetzlimitierungen, die Fliesszeit zur ARA und die Standorte der Bauwerke benötigt. Zusätzlich können Entlastungsprioritäten angegeben werden, um schwächere Gewässer zu schützen.
Der Regler ist jeweils in einem von vier definierten Zuständen. Bei Trockenwetter ist der Regler in Ruheposition, während das Abwasser ungehindert zur Kläranlage geleitet wird. Am Anfang eines Regenereignisses schaltet der Regler in einen anderen, vom Regentyp abhängigen Modus um. Bei lokalem Regen wird versucht, die ARA auszulasten, indem die Drosselwerte dynamisch erhöht werden. Die Drosselorgane leiten dabei mehr Wasser weiter als im statischen Betrieb. Wenn trotz der erhöhten Weiterleitmengen eine Befüllung der Becken erfolgt, versucht der Regler, die Beckenvolumen homogen zu befüllen. Bei einer Erweiterung des Niederschlagsgebietes auf weitere Teile des Gebiets leitet der INKA-Regler nur so viel Wasser auf die ARA weiter, dass diese nicht überlastet wird. Überschüssige Wassermengen werden in diesem Fall zu dafür am besten geeigneten Gewässern geleitet.
Die verschiedenen Visualisierungstools ermöglichen eine klare und nachvollziehbare Darstellung der Arbeitsmodi des Reglers. Das in INKA integrierte Reporting Tool ermöglicht es, die Ergebnisse zusammenzufassen oder diese nach einem Ereignis zu analysieren und dementsprechend die Parameter mit wenig Aufwand zu optimieren. Das in INKA integrierte Simulationsmodell berechnet kontinuierlich die Abflüsse im Kanalnetz und ermöglicht damit unter anderem die ARA-Zulaufprognose. Insbesondere in Kanalnetzen mit langen Fliesszeiten ist diese Funktion von entscheidender Bedeutung.
Der INKA-Regler zielt darauf ab, nicht nur eine höhere Wassermenge auf die ARA zu leiten, sondern auch den sogenannten "First Flush" gezielt auf die ARA zu leiten. Der "First Flush" trägt Kanalnetzablagerungen mit sich, die den Wasserstrom stark verschmutzen.
Retentionsvolumen privater, industrieller oder öffentlicher Liegenschaften, deren Inhalt zur Kühlung, Bewässerung und Brauchwasserversorgung verwendet wird, können von INKA so bewirtschaftet werden, dass belastetes Wasser zur ARA geführt wird, während unbelastete Wassermengen direkt versickert oder dem Gewässer zugeführt werden. So wird eine Kanalnetzüberlastung gezielt verhindert.
Zu Beginn von Regenereignissen werden die Wassermengen so lange zur ARA geleitet, wie diese hydraulische Kapazität hat. Sobald die ARA ausgelastet ist und eine Kanalnetzüberlastung absehbar wird, werden die Wassermengen mittels zentral von INKA angesteuerten Ventilen in den Retentionsvolumen zurückgehalten. Die Speicher werden anschliessend automatisch entleert, sobald Kapazität im Kanalnetz und in der ARA vorhanden ist und sichergestellt ist, dass diese nicht zu Entlastungen führen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die Retentionsvolumen erst kurz vor dem nächsten Regenereignis zu entleeren. So lässt sich der Spüleffekt nutzen, um den First Flush dem eigentlichen Regenereignis teilweise vorzuziehen.
Dies schützt langfristig die Wasserqualität und trägt zum Erhalt der Ökosysteme bei. Durch die dynamische Steuerung können langfristig erhebliche Kosten eingespart werden, da durch die optimale Nutzung der vorhandenen Infrastruktur teure Aus- und Neubauten vermieden werden. Die Systeme sind flexibel und können auf sich ändernde Wetterbedingungen reagieren. In Zeiten des Klimawandels ist dies besonders wichtig angesichts der zunehmenden Häufigkeit von Starkregenereignissen und längeren Trockenperioden. Die dynamische Steuerung ermöglicht eine gleichmässigere Auslastung der Kläranlage und hilft Überlastungen zu vermeiden. Dies führt zu einer effizienteren und stabileren Abwasserreinigung. Die Implementierung dieses Systems fördert die Digitalisierung und Transparenz durch den Einsatz moderner Technologien im Abwasserbereich.
Das Beispiel der ARA Winznau zeigt, dass mit der Einführung der dynamischen Kanalnetzbewirtschaftung durch geschickte Betriebsoptimierung des Gesamtsystems moderner Gewässerschutz betrieben werden kann. Durch die bessere Ausnutzung der vorhandenen Infrastruktur konnte die Mischwassermenge bei ausgewählten Regenereignissen um bis zu 20% reduziert werden.